Das unerwünschte Kraut

Sobald die Temperaturen steigen, beginnt vor allem das „Unkraut“ im Garten zu wachsen. Seit ich im Garten arbeite, beschäftigt mich immer die Frage, ob denn „Unkraut“ wirklich auch immer bekämpft werden muss? Gerade wir in Deutschland sind es gewöhnt, Gärten sauber und ordentlich anzulegen – möglichst mit einer Beetkante und schön arrangierten Beetpflanzen, zwischen denen man jegliches Unkraut entfernt.
Es ist sicher eine grundlegende Entscheidung, ob man diesen Weg gehen will, der mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden ist. Darüber hinaus verliert man durch das Entfernen des sogenannten Unkrauts auch Pflanzen, die ökologisch wichtig und sinnvoll sind zum Beispiel als Nektarlieferanten für Insekten oder für Tiere, die anderweitig von diesen Pflanzen profitieren.

Entfernt man alles unerwünschte Grün führt das im Extremfall zu einem ausgeräumten Garten, der neben reinen Rasenflächen nur Koniferen oder Sträucher, ein paar Steine und gut getrennte Stauden oder Beetpflanzen beinhaltet. Wer so einen Garten bevorzugt, sollte am besten hier nicht weiterlesen. Denn ich habe mich vor Jahren bereits dazu entschlossen, „Unkräuter“ eher als unerwünschte Kräuter zu bezeichnen und sie nur dort zu entfernen, wo sie eben unerwünscht, also störend sind.

Man sollte also unterscheiden, welche Kräuter unerwünscht sein müssen, weil sie zum Beispiel die anderen Pflanzen behindern und Schäden verursachen und welche Kräuter nicht nur hübsch anzusehen sind und sich gut in den Garten integrieren lassen, sondern auch noch einen ökologischen Nutzen haben. Ich nenne hier zum Beispiel das Gänseblümchen, den Günsel, den Ehrenpreis oder den Gundermann, die wunderbare Farbflecken in die Wiese zaubern können. Auch bestimmte Arten der Taubnesseln können sinnvolle Ergänzungen im Garten sein.



Bei einem Kraut allerdings kenne ich kein Erbarmen: dem Giersch.
Der Giersch gehört zu den Doldenblütlern (Apiaceae oder Umbelliferae) wie beispielsweise die wilde Möhre oder unser bekanntes Gewürz Dill, hat aber die Eigenschaft, sich extrem durch Wurzeln zu vermehren. Er gehört deshalb zu den sogenannten Wurzelunkräutern. Und das macht seine Bekämpfung äußerst schwierig.

Meistens schleppt man den Giersch über andere Pflanzen in den Garten ein. Häufig enthält eine Pflanze im Topf ganz unscheinbar diesen blinden Passagier, den wir zunächst übersehen. Wenn dieser Sprössling dann zu wachsen beginnt, bemerkt man ihn zunächst kaum, aber schon ein Jahr später kann es sein, dass er große Flächen mit langen Wurzelausläufern durchzogen hat, an denen im Frühjahr nun unzählige Nachkommen sprießen und man plötzlich und leider zu spät sieht, dass das ganze Beet durchseucht ist.

Giersch bevorzugt dabei lehmige stickstoffhaltige und feuchte Böden. Findet er diese Bedingungen, ist sein Wachstum schier unbegrenzt. Oft schon habe ich nach stundenlanger Arbeit geglaubt, ein Beet nun endlich Giersch-frei bekommen zu haben, um im nächsten Jahr festzustellen, dass ich wohl einiges übersehen haben muss.

Zwei Probleme machen die Bekämpfung des Giersch so schwierig: Zum einen durchzieht der Giersch mit seinen Wurzeln andere Stauden und schmiegt sich direkt an diese Pflanzen an, so dass eine Trennung dieser verschiedenen Pflanzen nahezu unmöglich ist. Zum anderen sind die Wurzeln so regenerativ, dass jedes noch so kleine Wurzelstück eine neue Pflanze hervorbringen kann, aus der dann wiederum weitere Ausläufer aussprießen und somit relativ schnell erneut eine große Fläche mit Ausläufern durchzogen werden kann. Sammelt man nicht akribisch alle Wurzelstücke nach der Bearbeitung ein, führt das eher zu einer weiteren vegetativen Vermehrung. Für ungeduldige Menschen wie mich ist das natürlich die Hölle.

Glücklicherweise säht sich Giersch selten über Samen aus. Darüber muss man sich also keine Sorgen machen.
Doch wie bekämpft man denn nun den Giersch?
Da die Bekämpfung eine Art Sisyphusarbeit darstellt, sollte man sich wirklich genau überlegen, wo muss der Giersch entfernt werden und wo kann er eventuell bleiben. Wächst er zum Beispiel unter Hecken oder unter Bäumen, wo sowieso sonst nicht viel wachsen wird, kann man ihn eventuell einfach getrost wachsen lassen. Gerade in den letzten Jahren wird immer wieder beschrieben, dass man Giersch essen und ein leckeres Gemüse daraus bereiten könne. Das mag für den ein oder anderen ja ein Grund sein, Giersch im Garten zu behalten. Solange es Spinat gibt, spielt das für mich allerdings keine Rolle.
Weiterhin muss man sich bei sonnigen Beeten, die eher trocken liegen, keine Gedanken machen. Dort wird sich Giersch kaum ausbreiten. Anders sieht es allerdings in eher schattigen und feuchten Beeten aus. Dort wird er sehr schnell die Überhand gewinnen, wenn man ihn nicht regelmäßig entfernt. Ich habe einige dieser Beete, die im Schatten oder Halbschatten liegen und dort ist wirklich beinahe jedes Jahr im Frühjahr alles grün.
Handelt es sich bei der bewachsenen Fläche um ein leeres Beet, kann einem eventuell schwarze Mulchfolie helfen, in dem man das komplette Beet einfach über Monate mit dieser schwarzen Mulchfolie abdeckt. Hier braucht man allerdings einen sehr langen Atem, da die Wurzeln eine sehr hohe Wiederstandsfähigkeit besitzen. Diese Methode eignet sich eher für unerwünschte Kräuter, die sich aussähen.
Eine Behandlung mit einem Herbizid kommt wohl nur in den seltensten Fällen infrage, weil bereits andere Pflanzen ebenfalls dort wachsen oder man wie ich den Einsatz chemischer oder physiologischer Mittel im Garten vermeiden möchte. Es gibt inzwischen auch gesetzliche Einschränkungen, die das Verwenden von Herbiziden im Garten deutlich erschweren. Es bleibt also letztlich nur die manuelle Entfernung der Pflanzen.

Handelt es sich um kleinere Flächen kann man mit einem Unkraut-Stichling oder einer kleinen Schaufel gezielt die einzelnen Pflanzen aushebeln und möglichst alle ihre Ausläufer, ohne sie abzutrennen, entfernen. Bei größeren Flächen jedoch hilft nur der Einsatz einer Grabgabel.

Bitte verwendet keinen Spaten, denn der trennt einfach die Wurzel ab und führt zu der oben bereits beschriebenen vegetativen Vermehrung der Pflanzen, weil man dabei niemals alle Wurzelteile erwischt.
An freien Flächen kann man mit der Grabgabel nun vorsichtig relativ dicht an der Oberfläche den Oberboden anheben und somit die ganzen Pflanzen inklusive der Wurzelausläufer aus dem Boden hebeln. Der Giersch wurzelt nur in der oberen Bodenschicht, was wir damit ausnutzen. Natürlich gehen einige wenige Wurzel auch in die Tiefe, aber die findet man kaum alle. Je nach Bodenbeschaffenheit kann man nun mit der Grabgabel diesen kompletten Ballen ausklopfen, um die anhaftende Erde auszuschütteln. Aber bei schweren Böden muss man das eventuell mit den Händen machen, dass man den Ballen von der Erde trennt, denn man will ja nur die Wurzeln wegwerfen und nicht auch die Erde des Beetes. Gerade das Ausschütteln der Erde ist auf Dauer eine sehr anstrengende Arbeit. Auf diese Weise kann man aber freie Flächen relativ zügig bearbeiten.



Wesentlich schwieriger wird es allerdings, wenn man sich anderen Pflanzen nähert, die im gleichen Beet wachsen und die dort auch bleiben sollen. Hier hat man die Herausforderung, dass die Ausläufer des Girsch ja auch unter oder zwischen den Pflanzen hindurch wachsen und man eigentlich an diese Wurzelteile gar nicht heran kommt. Es kann dann unter Umständen nötig oder gut sein, auch diese andere Pflanze mit auszugraben und so sämtliche Teile des Giersch aus dem Wurzelballen der Staude zu entfernen. Das kann man selbstverständlich nur im zeitigen Frühjahr machen, bevor die Stauden oder die anderen Pflanzen ausgetrieben haben.

Nahezu unmöglich wird das wie in meinem Fall in Beeten, in denen nicht nur der Giersch sich durch Wurzelausläufer ausbreitet, sondern auch andere Pflanzen, die dort aber erwünscht sind – wie zum Beispiel der Trichterfarn (Matteuccia struthiopteris). Auch er breitet sich über Wurzelausläufer aus. ER sollte das Beet eigentlich zuwuchern. Doch gegen den schnellwachsenden Giersch hat er kaum eine Chance. So wird das dann schon zu einer echten Herausforderung. Auf diese Weise bearbeitet man nun das komplette Beet, in dem man immer wieder mit der Grabgabel die Oberfläche sorgfältig aufhebelt, um so möglichst viel Giersch aus dem Boden zu entfernen, ohne die langen Ausläufer abzutrennen. Es ist auf jeden Fall trotzdem sinnvoll, gezielt nach Wurzelablegern zu suchen und möglichst alle Teile auch zu entfernen.

Es kann von Vorteil sein, sich nur bestimmte Beetabschnitte vorzunehmen und an einem anderen Tag in einem anderen Abschnitt weiter zu machen, bevor man die Lust verliert und dadurch nachlässig beim Aussortieren wird.
Aber auch hier gilt natürlich die Devise: Man wird niemals alle Pflanzen entfernen können. Man muss damit rechnen, dass auch im nächsten Jahr wieder einige Pflanzen austreiben werden! Das sei vor allem Perfektionisten ganz deutlich gesagt!


Aber, in dem man immer wieder dran bleibt, wird das Beet zumindestens langfristig keine größeren Probleme mehr machen. Denkt daran, dass ihr auch beim Absammeln der Wurzeln an alle Wurzelteile denkt und sie wirklich über den Bio Müll oder über den Grünschnitt-Ablageplatz der Kommunen entsorgt. Auf keinen Fall dürft ihr die Überreste in eurem Kompost entsorgen, denn von dort würden die Pflanzen unweigerlich erneut andere Gartenareale kontaminieren.
Langfristig kann es eine gute Strategie sein, hübsche attraktive Bodendecker in solchen Beeten zu fördern, um gleichzeitig dem Giersch den Platz und das Licht wegzunehmen. Allerdings zeigt meine Erfahrung, dass Giersch immer irgendwie die Überhand gewinnt, wenn auch nur die kleinste Chance dazu erhält. Sinnvoll wird stattdessen sein, den freien Boden mit einer dicken Mulchschicht zu überziehen. Hier eignet sich bevorzugt Pinienrinde oder andere Rinde von Nadelhölzern. Diese Schicht muss allerdings so dick sein, dass der Giersch nicht einfach hindurchwachsen kann und seine Blätter durch die Rindenmulchschicht durchschiebt.
Ich habe das dieses Jahr in meinem Beet so gelöst, dass ich die Freifläche mit Thuja-Heckenabschnitten abgedeckt habe, die ohnehin durch den jährlichen Heckenabschnitt übrig geblieben sind. Damit hab ich mehrere Probleme gelöst: Die Überreste des Heckenschnitts müssen nicht entsorgt werden. Die Bodenoberfläche wird gemulcht und damit feucht gehalten und durch den Abbau der Thujenzweige wird auch der Boden angesäuert, was in meinem Fall hilfreich gegen den zu hohen pH-Wert ist, der durch das kalkhaltige Wasser, mit dem ich gießen muss, verursacht wird. Optisch ist das natürlich nicht die allerbeste Lösung. Da hoffe ich auf das Wachstum der anderen Pflanzen, die diesen Thujenabschnitte über den Sommer verdecken werden.

Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass das Frühjahr der große Auftrittszeitpunkt für Giersch im Garten ist. Richtung Frühsommer wird er dann zur Blüte übergehen und verschwindet dann mehr oder weniger aus dem Blickfeld, weil die Blätter dann einziehen und die Pflanze sich schon auf die Winterruhe vorbereitet. Man darf sich aber nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass unterirdisch das Wachstum weitergeht und damit neue Areale erschlossen werden. Es kann also durchaus Sinn machen, auch über den Sommer immer wieder neu aufkommende Pflanzen zu entfernen.
Als Praxistipp kann ich nur raten, macht solche Arbeiten immer im feuchten Boden am besten nach Regen und nicht etwa nach Trockenperioden, denn da wird es wesentlich schwieriger, den Boden so zu lockern, dass man die Wurzelteile nicht abreißt.
Und noch ein wichtiger Tipp zum Schluss: Wenn man in seinem Garten Giersch hat, muss man unbedingt darauf achten, wenn man Pflanzen umsetzt, ob diese mit Giersch „infiziert“ sind und ob man damit nicht etwa andere Areale, die bislang vom Giersch verschont geblieben sind, neu kontaminiert. D.h. wir müssen alle Stauden oder Pflanzen genau durchschauen, ob Wurzelstücke vom Giersch enthalten sind oder nicht.
Wie bereits oben erwähnt, ist das auch wichtig, wenn man neue Pflanzen kauft, hauptsächlich aus Baumschulen oder Gartencentern, denn auch dort findet sich manchmal schon eine kleine Pflanze Giersch mit im Topf.
Denn eines lässt sich abschließend auf jeden Fall sagen: Besser ist es, wenn Giersch erst gar nicht in den Garten kommt. Ich kann jedem nur viel Ausdauer und Geduld wünschen, um diese lästige Pflanze aus dem Garten zu entfernen.
