Was in meiner Kindheit noch selten und super exotisch war, gehört heute in milderen Gegenden Deutschlands schon zum vertrauten Bild – die Hanfpalme (Trachycarpus fortunei).

Wir reden aber hier nicht mehr über Kübelpflanzen, die mitunter schon recht stattlich und enorm wüchsig sind. Nein, hier soll von ausgepflanzten Exemplaren die Rede sein.
Wem das noch nicht so richtig ins Auge gestochen ist, kennt diese Fächerpalme dann aber aus dem Baumarkt oder aus den Straßencafés, wo diese Palmen sehr oft zu finden sind.

Was auffällt, ist der immer schon hohe Preis dieser Palmen, der gerade in den letzten Jahren noch mal deutlich angezogen hat. Der Grund für den hohen Preis ist in der Langsamkeit des juvenilen Wachstums zu suchen. Die Zeitspanne vom einblättrigen Sämling bis zur verkaufsfähigen Pflanze ist immens und kann oft nur „ausgepflanzt“ im Freiland wirtschaftlich organisiert werden.
Dann werden die Pflanzen aber recht grob aus der Erde gehackt und in Töpfe gestopft. Solche Pflanzen findet man in der Regel dann im Baumarkt mit mehr oder weniger welken Blättern.
Es dauert immer 2-3 Jahre, bis sich solche Pflanzen erholt haben. Vor Jahren hab ich Hanfpalmen günstig im Internet bestellt und konnte mich von dieser rohen Praxis überzeugen: Die Pflanzen (Stämme 1,5 m!) kamen völlig ohne Töpfe und Wurzeln an! Ich war fassungslos und hab wirklich nicht daran geglaubt, auch nur eine durchzubringen – aber, da hab ich was dazu gelernt, diesen Palmen macht das nichts aus.

Der Grund ist simpel, Trachycarpus und auch Chamaerops neigen zu starker Adventivwurzelbildung, was das Bewurzeln sehr einfach macht. Nur deshalb finden sich relativ große Palmen in den Geschäften wieder. Wären sie in Töpfen gewachsen, wären die Töpfe zu groß und schwer und der Preis unbezahlbar. Das macht die Hanfpalme auch zur „deutschen“ Palme. Wichtiger ist aber ihre Frostresistenz. Frostresistenz?
Hanfpalmen sind nicht frostresistent, sondern frostTOLERANT! Das ist ein wichtiger Unterschied

Händler spielen gerne mit diesen Begriffen und verharmlosen die Tatsachen: Trachycarpus fortunei kann bis -18 Grad frosttolerant sein – das gilt aber nur für ausgepflanzte, abgehärtete Exemplare und auch nicht für alle Pflanzenteile. Die Blätter z.B. sind oft schon bei -12 Grad mehr oder weniger irreparabel geschädigt und auch die Wurzeln sind empfindlich. Einzig der Wachstumspunkt in der Palme kann diese Temperaturen aushalten, wodurch ein Austreiben möglich ist.

Ich weiß, wovon ich rede – ich hab im milden Frankfurt im Winter 2009/2010 mehrere 2 m hohe Trachycarpus verloren. Da half auch kein Zusammenbinden der Blätter oder Vlies.
DAS MUSS MAN WISSEN, BEVOR MAN SICH FÜR EINE TRACHYCARPUS IM GARTEN ENTSCHEIDET!








Obwohl ich mir nach der Katastrophe 2009 geschworen hatte, so wertvolle Pflanzen nicht mehr auszupflanzen, bin ich hier in Trebur wieder schwach geworden und habe alle (!) meine Trachycarpus fortunei (und T. wagnerianus) ausgepflanzt. Volles Risiko! Warum? Ganz einfach – während diese Palmen im Kübel mit Mühe 3 Blätter pro Jahr bekommen, kann man etablierten, ausgepflanzten Exemplaren förmlich beim Wachstum zuschauen. Über 10 Blätter pro Jahr und ein Stammhöhenzuwachs von 10-20 cm sind einfach zu verführerisch! Ich kann es an den Lichterketten sehen, die ich jedes Jahr neu anpassen muss.

Ein weiterer Vorteil des Auspflanzens sind natürlich die üppigen Blüten und in der Folge auch die massenhaften Samen an den Pflanzen. Bei mir vermehren sich die Trachycarpus inzwischen von ganz alleine. Überall sprießen kleine Sämlinge…


Auf den Vermehrungszyklus gehe ich ein anderes Mal ein. Heute konzentriere ich mich auf die generelle Möglichkeit des Auspflanzens. Was ist zu beachten?

- Nur kräftige, möglichst im Freiland gewachsene Pflanzen verwenden.
- Die Palmen sollten bereits einen echten Stamm haben ( siehe Info unten).
- Die Erde ist weniger entscheidend, aber sie muss einen guten Wasserabfluss gewährleisten. Das ist wegen unserer nassen Winter wichtig.
- Möglichst windgeschützte Plätze in der Nähe des Hauses wählen.
- Pflanzt die Palmen etwas tiefer als sie im Topf waren (wegen der Adventivwurzeln)
- Nur im Frühjahr pflanzen, damit die Palmen gut einwurzeln können.
- Am Anfang müssen die Palmen gut und regelmäßig gegossen werden. Erst wenn das mittlere Blatt wieder steif ist, ist die Palme ausreichend eingewurzelt.
- Immer bedenken, dass ausgepflanzte Palmen jeden Winter sterben können, ohne, dass man eingreifen kann.
- Niemals im Winter in Folie einwickeln!
- Heizkabel kann man einsetzen, ich halte nichts davon (macht ja nur bei Überbauungen Sinn, was mir zu viel Aufwand wäre).
- Die Palmen immer gut und Stickstoff-lastig düngen. Ich verwende HaKaPhos grün!
- Im Winter Schnee von den Blättern kehren und die Wurzelscheibe mulchen.


Wie man im Bild oben sehen kann, vermehren sich die Trachycarpus mittlerweile selbstständig. Aber an diesen Pflanzen kann man auch belegen, was ich oben beschrieben habe: Diese T. wagnerianus sind 6 Jahre alt und sehen immer noch wie Sämlinge aus. Es wird noch Jahre dauern, bis die Pflanzen eine Stammbasis ausgebildet haben und in die Höhe wachsen. Wahr ist aber auch, dass mit zunehmenden Alter der Substanzzuwachs stetig zunimmt.
Da in meinem Garten der Reproduktionszyklus geschlossen ist, wäre denkbar, dass sich die Hanfpalme auch in der Natur etablieren könnte. Durch ihr langsames Wachstum in der Sämlingsphase besteht aber keine Gefahr, dass sie sich invasiv verhalten könnte.

Wenn man diese Regeln beherzigt, sind die Palmen wirklich pflegeleicht, super attraktiv und verbreiten Urlaubsstimmung!
Die Sache mit dem Stamm. Im Internet wird ja die „Stammhöhe“ immer sehr betont und sie ist auch preisrelevant. Dazu muss man folgendes Wissen: Palmen wachsen als Sämlinge zunächst ähnlich wie eine Banane. Die Blattbasen der Blätter umgeben sich, werden höher und erzeugen den Eindruck eines Stammes. Dieser Schein trügt. In Wahrheit wächst der Pflanzenboden unbemerkt in die Breite, aber nicht in die Höhe! Erst wenn der Pflanzenboden die für die Palme vorgesehene Breite hat, beginnt der Pflanzenboden in die Höhe zu wachsen (das ergibt dann den echten Stamm). Würde man dann die Blätter entfernen, wäre die Basis als Ring deutlich zu sehen. Entfernte man die Blätter bei Jungpflanzen, bliebe nur ein kleiner Kegel übrig. Lasst euch also nicht täuschen. Palmen mit „20 cm Stamm“, haben in der Regel gar keinen.

Auf die verschiedenen Formen der Trachycarpus fortunei und auf andere Arten gehe ich ein anderes Mal ein.





Schädlinge sind übrigens bei ausgepflanzten Hanfpalmen nicht wirklich zu befürchten. Ich hatte noch nie welche…


